Sind Faultiere wirklich faul?

Die einen sagen so – die anderen so…

Für mich ist das Faultier ein Beispiel dafür, wie irreführend der äussere Anschein allein sein kann.

Ich durfte diese Tiere selbst schon hoch oben in den Baumwipfeln des Regenwaldes von Costa Rica beobachten. So wie sie in den Ästen hingen, haben sie mir immer gut gefallen: Durch ihre langsamen Bewegungen konnte ich sie in aller Ruhe beobachten. Und wollte ich sie am nächsten Tag wiederfinden, waren sie noch im selben Baum am selben Ort oder zumindest nicht weit davon entfernt. Sie wirkten auf mich gelassen und zuverlässig. Am meisten fasziniert mich an ihnen, dass sie als einziges Lebewesen den Scheitel auf dem Bauch haben. Weil sie im Regenwald leben, kann so das Regenwasser gut aus dem Fell abtropfen. Für mich ist das ein Beweis mehr für die Intelligenz der Natur.

Der Duden definiert «faul» als: «abgeneigt zu arbeiten, sich zu bewegen, nicht gern tätig, bequem, träge.» Der wissenschaftliche Name für Faultiere lautet «Folivora», also «Blattverschlinger». Er bezieht sich auf ihre Hauptnahrung: Blätter. Ein Faultier ernährt sich hauptsächlich von nur einer Handvoll Blätter am Tag. Diese Art der Nahrung ist sehr umweltverträglich, aber auch sehr nährstoffarm und ballaststoffreich. Um die wenigen Nährstoffe optimal zu verwerten, werden die Blätter ca. 6-7 Tage lang verdaut. Wenn das Faultier also scheinbar untätig im Baum hängt, ist es am Verdauen. Vielleicht hat Ihnen auch schon mal ein Essen schwer auf dem Magen gelegen – dann wissen Sie, wie mühsam das sein kann.



Bei dieser kargen Nahrung ist der Organismus des Faultiers auch perfekt darauf abgestimmt, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen: Langsame Bewegungen bedeuten wenig Energieverbrauch und es lebt inmitten seiner Nahrung. Der Hals der Tiere kann sich um 270 Grad drehen. Die Arme sind sehr lang und die Schultern aussergewöhnlich frei beweglich. Auf diese Weise können die «Blattverschlinger» möglichst viel Nahrung mit möglichst wenig Aufwand erreichen. In der Nacht oder im Schlaf gehen sie in einen «Energiesparmodus», indem sie die Körpertemperatur von 33°C auf 10°C absenken.

Die langsame Art sich zu bewegen schützt auch davor, von ihren Fressfeinden bemerkt zu werden, denn Flucht oder Kampf sind für sie keine erfolgversprechenden Strategien, um sich gegen Fressfeinde durchzusetzen. Zusätzlich sind sie durch Algen in ihrem Fell perfekt getarnt. Hierfür leben sie in Symbiose mit einer bestimmten Mottenart. Die Motten können nur im Fell leben, weil sich das Faultier so langsam bewegt. In dieser Symbiose bildet das Faultier sogar einen Grundstoff für Antibiotika, die uns Menschen helfen können.

Der Ursprung der Faultiere reicht bis mehr als 30 Millionen Jahre zurück. Im Laufe dieser Zeit haben sie sich ausdauernd weiterentwickelt, um ihre Lebensweise perfekt an ihren Lebensraum anzupassen und lebensfördernde Verbindungen mit ihrer Umwelt einzugehen.

Bedeutet also langsam = faul?

Die einen sagen so – ich sage in diesem Fall: langsam = schlau. Und das Wichtigste ist: Was sagen Sie dazu?

Ich freue mich schon darauf, von Ihnen zu lesen – entweder direkt hier oder per E-Mail an post@nicolanaula.ch

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